… und sie dreht sich doch!

Diese Äußerung wird Galileo Galilei zugeschrieben. Gemeint war die Erde, die nach dem Verständnis der Kirche damals als Mittelpunkt der Welt und der Schöpfung Gottes galt. Entgegen aller offensichtlichen Beweise beharrten die mächtigen Kirchenfürsten der damaligen Zeit auf dem geozentrischen Weltbild. Galileo schwor schließlich wie gefordert ab und blieb doch innerlich seiner Erkenntnis treu, die er kraft eigener Beobachtungen und rationaler Überlegungen gewonnen hatte.

Was war das nun: War es Feigheit vor den Herrschenden und ihrer Androhung von Gewalt und Folter? Hätte er zum Märtyrer der naturwissenschaftlichen Erkenntnisgewinnung werden sollen? War es pure Ohnmacht, so wie sie auch von Kindern empfunden wird, wenn sich die Erwachsenen mal wieder durchsetzen, eben weil sie mächtiger sind und nicht weil sie es besser wissen? Oder war es Demut im Sinne der Anerkennung der Realität und der Umstände, zu denen auch die Verteilung von Macht und Einfluss gehört?

Ich arbeite gerne mit Elementen aus der Transaktionsanalyse und die Unterscheidung in das Eltern-Ich, das Kind-Ich und das Erwachsenen-Ich begleitet mich dabei auch ganz persönlich immer wieder. Ich stelle mir dann die Frage: Was sagt und macht der erwachsene Rainer?

Bei einer dieser Fragestellungen bin ich kürzlich auf die Erkenntnis gestoßen, dass ich ähnlich wie Galileo seinerzeit häufig vor der Entscheidung stehe, ob ich mich als ohnmächtiges Kind wahrnehme oder als einen demütigen Erwachsenen. Der Ausgangspunkt ist derselbe: Ich erlebe eine Situation, die ich im Rahmen meiner Selbstwirksamkeit nicht so gestalten und beeinflussen kann, wie es meinen Vorstellungen entspricht. Die Zuordnung macht dann den Unterschied: Das ohnmächtige Kind begehrt auf und investiert in einer trotzigen Haltung sehr viel Energie in einen aussichtslosen Kampf. Der demütige Erwachsene anerkennt, dass es im Moment und in dieser Richtung unter diesen Umständen nicht weitergeht. Er behält seine Überzeugung, ist jedoch in der Lage die Strategie zu ändern.

Womit ich wieder bei Galileo angekommen bin. Ich spreche ihm Demut zu. Diese Haltung ist nicht zu verwechseln mit Unterwürfigkeit, sondern meint die Anerkennung dessen, was im Moment ist. Eine Bewertung ist damit noch nicht verbunden. Ich muss es nicht gut finden, wie es ist und will es auch weiterhin verändern. Nur kann ich aus der Haltung der Demut passendere und wirksamere Handlungen ableiten als aus einem ohnmächtigen Trotz. Und vor allem kann ich mich dann darauf konzentrieren, was für mich gut ist und löse mich von dem Anspruch, andere Menschen und die Umstände so ändern zu wollen, wie es meinen Vorstellungen entspricht.

Lassen Sie also im Zweifelsfall andere ruhig denken, die Erde wäre eine Scheibe; seien Sie versichert, sie dreht sich doch!

Herzlich

Rainer Hörmann

Dieser Beitrag wurde verfasst am Freitag, 2. Januar 2015 um 17:01 und wurde abgelegt unter Allgemein, Coaching. Du kannst den Antworten auf diesen Beitrag folgen, indem Du den RSS 2.0 Feed abonnierst. Du kannst eine Antwort hinterlassen, oder einen Trackback von Deiner eigenen Webseite setzen.

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